Es war ein Skandal zu viel: Nach massiver Kritik für ihren Urlaub während der Jahrhundertflut hat Anne Spiegel auf Drängen ihrer Partei am Montagmittag ihr Ministerinnenamt zur Verfügung gestellt. Bei vielen Grünen überwiegt zwar die Erleichterung aufgrund des immensen öffentlichen Drucks der letzten Tage, doch es gibt auch Mitleid für die Ex-Ministerin. Mit Blick in die Vergangenheit liegen für die Nachfolge Spiegels zwei Namen nahe: Anton Hofreiter und Kathrin Göring-Eckardt. Die beiden ehemaligen Fraktionsvorsitzenden waren bereits nach den Koalitionsverhandlungen im Gespräch für Ministerämter – Göring-Eckardt erwogen die Grünen sogar für den Posten der Bundespräsidentin. Aus Parteikreisen erfuhr FOCUS Online, dass man auf eine Frau eigentlich keinen Mann folgen lassen wolle. Hört man Hofreiter bei öffentlichen Auftritten in letzter Zeit genauer zu, wird sein großes Interesse an Verteidigungspolitik deutlich. Der Grünen-Politiker erklärt dann die deutschen Probleme mit Waffenlieferungen in die Ukraine. Sollte Hofreiter wirklich auf das Bundesverteidigungsministerium setzen, müsste die SPD sich a) dazu bereit erklären, ihre Ministerin Christine Lambrecht abzusetzen und/ oder b) einwilligen, die Häuser zu tauschen. Auch, wenn Lambrecht in den vergangenen Wochen zunehmend unter Kritik geraten war, ihrem Amt nicht gerecht zu werden. Hinzu kommt: Besonders Lang und Baerbock sollen sich nach der Kabinettsbildung geärgert haben, dass ihre Parteifreundin leer ausging. Man müsste dann nur einen Ersatz für die Grünen-Bundestagspräsidentin finden – aber das ist weitaus schneller erledigt, als ein Ministeramt neu zu besetzen. Und fest steht auch: Bundeskanzler Olaf Scholz wird bei der Nachbesetzung von Spiegel sicher ein Wörtchen mitreden wollen. Immerhin: Als die ehemalige Frauen- und Familienministerin Franziska Giffey ihr Amt niederlegte, übernahm die jetzige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht das Haus kommissarisch mit.